Sind Kinder wirklich die besseren Spracherwerber?

Are Children Really Better Language Learners?
5 Minuten
Lernmethoden
Trainingsmethoden
Vier kleine Kinder gestikulieren mit ihren Händen verschiedene Zeichen.
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    Die meisten Menschen glauben, dass Kinder besser als Erwachsene Sprachen lernen können und dass die Chancen, eine Fremdsprache fließend zu erlernen, umso größer sind, je früher man damit beginnt. Aber wie wahr ist dieses Vorurteil und sind Erwachsene wirklich schlechter als Kinder im Erlernen einer zweiten Sprache?

    Kurze Antwort: Nein. Erwachsene und Kinder haben ungefähr das gleiche Niveau an angeborenen Fähigkeiten, obwohl sie unterschiedliche Methoden zum Erwerb von Fremdsprachen anwenden.

    Längere Antwort: Kinder sind sehr gut darin, Sprachkenntnisse passiv aufzunehmen, wenn sie in einer Umgebung leben, in der sie viel damit in Berührung kommen - in etwa wie ein Schwamm, der das Wasser aufsaugt, in das er getaucht wird. Erwachsene sind dazu weniger in der Lage. Allerdings schneiden sie im Allgemeinen viel besser ab als Kinder, wenn es darum geht, Wissen aktiv aufzunehmen - ein bisschen wie ein Kamel, das eine Wasserquelle findet, sich dorthin bewegt und dann aktiv so viel aufnimmt, wie es braucht.

    Das Erlernen einer Sprache ist ein komplizierter Prozess, der verschiedene, sich ergänzende Aktivitäten erfordert, die in Verbindung miteinander stattfinden. Die Quantität und Qualität jeder dieser Aktivitäten hat einen Einfluss auf das letztendlich erreichte Niveau des Sprachenlernens.

    In dieser sechsteiligen Blogserie werden wir die fünf Phasen des Sprachenlernens untersuchen und herausfinden, wie sich Erwachsene und Kinder in ihren Fähigkeiten unterscheiden, das Beste aus jeder Phase herauszuholen.

    Dies sind die fünf verschiedenen Phasen:

    Most people believe that children are better than adults at learning languages and that the earlier you start foreign language instruction, the better chance you have of becoming fluent. But how true is this pre-conception? And are adults really worse than children at picking up a second language?

    Short answer: No. Adults and children have roughly the same level of inherent ability, although they use different skills to acquire foreign languages.

    Longer answer: Children are very good at passively absorbing language knowledge if they are put in an environment with a large amount of exposure – a bit like a sponge as it absorbs the water in which it is immersed. Adults are less able to do this. However, they generally score much better than children when it comes to actively assimilating knowledge – a bit like a camel finding a source of water, moving there, and then actively taking in as much as it needs.

    Language learning is a complicated process and requires several different complimentary activities to take place in conjunction with each other. The quantity and quality of each of these activities has a bearing on the final level of language learning achieved.

    In this six-part blog-series we will explore the five phases of language learning and how adults and children differ in their abilities to get the most out of each.

    These are the five distinct phases:

    Ein paar Kinder sitzen und hören einer Lehrerin zu, die vorliest.
    Foto: Jan Krukov/pexels.com
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      1. Rezeptionsphase

      Diese Phase beinhaltet den Kontakt mit der Sprache und erfolgt in der Regel durch rezeptive Aktivitäten wie Lesen und Hören. Die tatsächliche Vielfalt der Aktivitäten in dieser Phase ist immens und hängt stark von der Umgebung ab. Das Leben in einem fremden Land kann zum Beispiel viel mehr Möglichkeiten bieten als das Erlernen einer Sprache im eigenen Land. Bestimmte Sprachkurse machen sich dieses Phänomen zunutze, indem sie eine "immersive" Umgebung schaffen, in der alle Aktivitäten in der Zielsprache stattfinden.

      Kinder - insbesondere die Generation Z, d. h. die zwischen 1995 und 2010 Geborenen - sind im Vergleich zu früheren Generationen deutlich häufiger mit fremdsprachlichen Inhalten konfrontiert, was in erster Linie auf die Ausweitung des Zugangs zu digitalen Inhalten zurückzuführen ist. Erwachsene hingegen neigen traditionell dazu, die Komfortzone von Inhalten und Interaktionen in ihrer eigenen Muttersprache zu suchen. Die Qualität des Kontakts ist bei Erwachsenen jedoch tendenziell höher, da die meisten Inhalte, mit denen sie in Berührung kommen, beruflichen Zwecken dienen, z. B. geschäftliche Interaktionen und Veröffentlichungen, Sitzungen, Telefonate, Nachrichtenartikel usw.

      1. Reception Phase

      This phase involves exposure to the language and is usually done through the receptive activities of reading and listening. The actual variety of activities in this phase is immense and is highly dependent on the environment. Living in a foreign country, for example, can provide much more exposure than when trying to learn a language in one’s own country. Certain language courses exploit this phenomenon by creating an ‘immersive’ environment in the training, where all exposure is in the target language.

      Children – in particular Gen-Zs, i.e., those born between 1995 and 2010 – have significantly more exposure to foreign language content compared to previous generations, primarily due to the expansion of access to digital content. Adults, on the other hand, have traditionally tended to seek the comfort-zone of content and interactions in their own native language. The quality of exposure, however, tends to be higher in adults as most content they encounter is for professional purposes e.g., business interactions and publications, meetings, phone calls, news articles etc.

      Ein Mann steht vor einer Tafel voller Bilder und Notizen
      Foto: pixabay.com
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        2. Unterbewusste Registrierung

        In dieser Phase findet das passive Lernen statt. Jeder Kontakt mit der Sprache wird vom Lernenden teilweise assimiliert, ohne dass er dies aktiv versucht. Das bekannteste Beispiel für ein solches unterbewusstes Lernen ist der Ohrwurm, bei dem sich eine Textzeile unwillkürlich in unserem Gehirn festsetzt. Werbefachleute kennen dieses Phänomen seit langem und haben es sich im Laufe der Zeit zu Nutze gemacht.

        Kinder, vor allem Kinder unter 13 Jahren, sind in der Regel viel besser darin als Erwachsene, und das ist die Hauptursache für die weite Verbreitung der "Schwamm-Analogie". Was die Qualität des Lernens angeht, so hängt sie in den meisten Fällen von der Qualität der Exposition ab, die, wie in der vorangegangenen Phase gesehen, bei Erwachsenen im Allgemeinen höher ist.

        2. Subconscious Registration

        This phase is where passive learning takes place. Any exposure to the language is in-part assimilated by the learner without them actively trying to do so. The most well-known example of such subconscious learning is an ear-worm, where a catchy tune involuntarily registers itself in our brain. Advertisers have known about this phenomenon for a long time and have put it to good (or evil, depending on your philosophical viewpoint) use through the ages.

        Children, especially under-13s, tend to be much better at this than adults and is the main driving force behind the prevalence of the ‘sponge analogy’. As for the quality of learning achieved, in most cases it depends on the quality of exposure, which, as seen in the previous phase, is generally higher in adults.

        Eine junge Frau und ein älterer Mann studieren in einer Bibliothek
        Foto: cottonbro/pexels.com
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          3. Bewusste Registrierung

          Dies ist die Phase, die die meisten Menschen hassen. Es ist der Punkt, an dem der Lernende eine bestimmte Sammlung von Zielbegriffen auswählt (oder sie ihm gegeben werden) und sich aktiv mit dem Üben und Lernen beschäftigt. Dies ist das, was Schüler vor einer Prüfung tun, aber auch das, was man tut, wenn man sich auf eine Präsentation vorbereitet oder eine Telefonnachricht für einen Arbeitskollegen aufnimmt. Dabei wird das Kurzzeitgedächtnis genutzt.

          Erwachsene sind hier im Vorteil, denn aufgrund ihrer früheren Lebenserfahrungen und ihres Wissens können sie neue Informationen besser kategorisieren und in ihrem Gehirn "ablegen". Kinder hingegen müssen sich mehr anstrengen, um sich einen Reim auf etwas zu machen, mit dem sie noch nie in Berührung gekommen sind. Bei gleicher Quantität des aktiven Lernens können Erwachsene in dieser Phase eine bessere Qualität erzielen als Kinder.

          3. Conscious Registration

          This is the phase which most people hate. It is the point where the learner selects (or is given) a distinct collection of target language and actively engages in practising and learning it. It is what students do prior to an exam, but equally what one does when preparing for a presentation or taking a phone message for a colleague at work. It involves the applied use of short-term memory.

          Adults have an advantage here, because their prior life experiences and knowledge make them better at categorising and ‘filing’ new information in their brains. Children on the other hand must work harder to make sense of anything that they have not encountered before. For the same quantity of active learning, adults in this phase can extract better quality than children.

          Eine Frau, die mit dem Finger auf ihren Kopf zeigt
          Foto: Engin Akyurt/pexels.com
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            4. Aufnahme

            In dieser Phase wird das registrierte Wissen durch ständiges Üben vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis verlagert. Durch die regelmäßige und kontinuierliche Wiederverwendung des Zielwissens werden die Bedeutung, die Funktion und die korrekte Anwendung des Wissens leichter abrufbar.

            Was den Umfang des Übens und damit der Wissensspeicherung betrifft, so hat die typische Schulbildung für Kinder einen deutlichen Nachteil gegenüber der Erfahrung von Erwachsenen. Das liegt daran, dass der Lehrplan in der Schule im Allgemeinen zu schnell abläuft, um ein regelmäßiges und konzentriertes Üben zu ermöglichen. Erwachsene hingegen neigen dazu, regelmäßig ein bestimmtes branchenspezifisches Vokabular und eine bestimmte Terminologie in einem Umfeld zu verwenden, das ihnen durch ihre Arbeit vertraut ist und in dem sie sich wiederholen.

            4. Recording

            In this phase, the registered knowledge is moved, through the use of regular practice, from short-term to long-term memory. By regularly and continually re-using the target knowledge, the meaning, function, and correct usage of said knowledge becomes easier to recall.

            In terms of volume of practice and thence recording of knowledge, typical school education for children has a distinct disadvantage when compared to the experience of adults. This is because the curriculum in schools generally moves too fast to allow regular and concerted practice. Adults on the other hand tend to regularly use distinct sets of industry-specific vocabulary and terminology in settings that are familiar and repetitive through their work.

            Eine Gruppe von Menschen, die sich bei einem Geschäftstreffen unterhalten und lachen
            Foto: Mikhail Nilov/pexels.com
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              5. Wiedergabe

              In der letzten Phase ruft der Lernende das erlernte Wissen genau ab und reproduziert es. Beim Sprachenlernen geschieht dies in der Regel in Form von schriftlicher oder mündlicher Kommunikation. Obwohl es sich hierbei nicht um eine reine Lernphase handelt, ist sie von entscheidender Bedeutung, um die Aufnahmephase zu ermöglichen. Sie wird auch verwendet, um das Niveau der Sprachkenntnisse in einem Test oder einer Prüfung zu bewerten.

              Kinder unter 13 Jahren geben das Gelernte in der Regel bereitwilliger wieder, da sie im Vergleich zu Erwachsenen weniger Hemmungen vor sich selbst haben. Diese ungezwungenheit verschwindet mit zunehmendem Alter und wird bei Erwachsenen normalerweise nur durch aktives Üben ersetzt. Ein bekanntes Beispiel ist das Halten von Präsentationen, bei denen das sichere Vortragen verbaler Inhalte in der Regel durch wiederholtes Üben im Laufe der Zeit erreicht wird. Wie in Phase 3 haben Erwachsene in der Regel mehr Zeit und Erfahrung mit Reproduktionsaktivitäten, auch wenn sie dabei eher zurückhaltend sind. Ein gut organisierter Sprachkurs für Erwachsene wird dies berücksichtigen und versuchen, Bedingungen zu schaffen, unter denen sie sich wohl und sicher fühlen, wenn sie sich aktiv an Reproduktionsaktivitäten beteiligen.

              5. Reproduction

              The final phase is where the learner accurately recalls the memorised knowledge and reproduces it. In language learning this is usually in the form of written or verbal communication. Though not strictly a learning phase, it is vitally important in helping to enable the recording phase. It is also used to assess the level of language skills in a test or exam setting.

              Under-13s are usually keener to reproduce what they have learned as they suffer from fewer self-conscious inhibitions when compared to adults. This rapidly disappears with age and is normally engendered in adults through active practice. A well-known example is the action of giving presentations where confident delivery of verbal content is usually accomplished through repeated practice over time. Like phase 3, adults tend to have had more time and experience with reproduction activities, even if they are more reluctant to do so. A well-organised language course for adults will bear this in mind and try to create conditions where they feel comfortable and confident in actively engaging with reproduction activities.

                DE

                Zusammenfassung

                In dieser Grafik können Sie zwischen den Lernfähigkeitswerten von Erwachsenen und Kindern umschalten. Diese Werte wurden von ASTERLANGS zusammengestellt und sollen die aktuellen Forschungsergebnisse in Bezug auf die Lernfähigkeit von Menschen verschiedenen Alters veranschaulichen. In den folgenden Blogartikeln werden wir jede Lernphase im Detail betrachten - beginnend mit der Rezeptionsphase.

                Summary

                In this graphic you can toggle between the learning ability scores of adults and children. These scores have been compiled by ASTERLANGS and are meant to be an illustration of current research findings with regard to learning skills in people of various ages. In following blog articles, we will look at each learning phase in detail - starting with the reception phase.