Spracherwerb: Einwandererkinder vs. ausländische Rentner

Language acquisition: Immigrant Children vs. Expat Pensioners
4 Minuten
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Ein älteres Paar geht durch eine belebte Einkaufsstraße in einer Stadt
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    Im ersten Teil unserer Serie "Schwämme gegen Kamele" haben wir einen Überblick darüber gegeben, wie sich Kinder im Vergleich zu Erwachsenen im Bereich des Spracherwerbs verhalten. In den folgenden Beiträgen werden wir jede der fünf Phasen des Spracherwerbs analysieren, beginnend mit der Rezeptionsphase.

    Was ist die Rezeptionsphase?

    Bei der Rezeption geht es darum, wie viel eine Person mit einer Fremdsprache in Berührung kommt, d. h. wie viel sie von ihrer Umgebung aufnimmt. Die Rezeption von Sprache erfolgt in der Regel durch Lesen und Hören, kann aber auch die Rezeption von nonverbalen Hinweisen wie Körpersprache, Intonation und Stimmlage einschließen.

    In the first instalment of our ‘Sponges vs Camels’ series, we made an overview of how children compare to adults when it comes to language acquisition skills. In the following instalments we will analyse each of the five phases of language acquisition, starting with the reception phase.

    What Is the Reception Phase?

    Reception is about how much exposure a person has to a foreign language, i.e., how much they receive from their environments. Reception of language is usually done through reading and listening, but can also incorporate the reception of non-verbal cues such as body language as well as voice intonation and register.

    Zwei Kinder spielen an einem Computer
    Foto: pixabay.com
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      Sprachaufnahme in der Schule... und beim Spielen

      Kinder haben oft keine andere Wahl, als mehr in eine Fremdsprache einzutauchen. Die meisten Schulen in der EU haben irgendeine Form von Fremdsprachenunterricht.
      (Quelle: Most European students learn English in school | Pew Research Center)

      In vielen europäischen Ländern ist der Englischunterricht in einer oder mehreren Schulstufen sogar obligatorisch.
      (Quelle: Learning a foreign language a ‘must’ in Europe, not so in America | Pew Research Center)

      Außerhalb des schulischen Umfelds kommen junge Menschen in den sozialen Medien, in Spielumgebungen und in Videoinhalten von Online-Kanälen und Rundfunkmedien in großem Umfang unfreiwillig mit Fremdsprachen, insbesondere mit Englisch, in Berührung.

      In einer Studie mit flämischen Kindern (De Wilde & Eyckmans, 2017) fanden die Forscher heraus, dass 11-jährige Kinder bereits Englischkenntnisse auf A2-Niveau entwickelt hatten, ohne dass sie formalen Englischunterricht erhalten hatten. Dies war vor allem darauf zurückzuführen, dass sie der Sprache in Spielen und anderen Online-Inhalten ausgesetzt waren.

      Erwachsene hingegen neigen dazu, Situationen zu suchen, in denen sie mehr mit ihrer Muttersprache in Berührung kommen, es sei denn, sie werden dazu ausdrücklich aufgefordert, z. B. im Rahmen ihrer Arbeit oder auf Reisen. Es wurde festgestellt, dass FLA (Fremdsprachenangst) bei Erwachsenen ein Faktor ist, der sich darauf auswirkt, wie viel Kontakt sie mit einer Fremdsprache suchen. (Dewaele, Petrides & Furnham; 2008).

      Werfen wir nun einen Blick auf zwei Situationen, die wahrscheinlich die extremsten Beispiele dafür sind, wie das Alter den Umgang mit Fremdsprachen ungewollt beeinflussen kann - Kinder von Einwanderern, die in einer fremdsprachigen Umgebung aufwachsen, und Rentner, die für ihren Ruhestand ins Ausland ziehen.

      Language Reception at School… and Playtime

      Children often have no choice but to be immersed more in a foreign language. Most schools have some form of a foreign language training programme in the EU.
      (Source: Most European students learn English in school | Pew Research Center))

      English training is even compulsory at one or more stages of school across many countries of Europe.
      (Source: Learning a foreign language a ‘must’ in Europe, not so in America | Pew Research Center).

      Looking beyond the school environment, young people have a lot of involuntary exposure to foreign languages, specifically English, in social media, gaming environments and video content from online channels and broadcast media.

      In a study on Flemish children (De Wilde & Eyckmans, 2017), researchers found that 11 years olds had already developed English language skills at A2 level without having received any formal English language instruction. This was primarily due to their exposure to the language in games and other online content.

      Adults, on the other hand, tend to seek out situations where they have more exposure to their native language unless they are specifically required to do so e.g., as part of their jobs or when travelling. FLA (foreign language anxiety) has been found to be a factor in adults that affects how much exposure they seek in a foreign language. (Dewaele, Petrides & Furnham; 2008).

      Let's now take a look at two situations that are likely the most extreme examples of how age can involuntarily affect exposure to foreign languages - immigrant children growing up in a foreign language environment, and pensioners who move abroad for their retirement.

      Fünf Kinder in Schuluniform laufen einen Korridor entlang
      Foto: thirdman/pexels.com
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        Kinder bauen neue Sprachkomfortzonen auf

        Kinder, die in fremde Länder auswandern, sind dafür bekannt, dass sie die neue Sprache besonders gut lernen, vor allem im Vergleich zu ihren Eltern und Großeltern. Die Anzahl der Kontakte spielt dabei eine große Rolle. Kinder gehen zur Schule, finden neue Freunde, spielen Spiele, sehen fern, hören Musik, lesen Bücher und Comics usw. - und fast alles davon geschieht in der Fremdsprache.

        In einer Studie über 10 chinesische Kinder (Jia & Aaronson, 2003), die Mitte der 90er Jahre mit ihren Familien in die USA eingewandert waren, stellten die Forscher fest, dass sie, je jünger sie waren, mit größerer Wahrscheinlichkeit englischsprachige Freunde hatten und lieber Englisch als ihre Muttersprache benutzten. Im Gegensatz dazu hatten die älteren Kinder (9-16 Jahre) lieber Freunde mit ähnlichem ethnischen Hintergrund, mit denen sie sich in ihrer Muttersprache verständigten.

        Children Build New Language Comfort Zones

        Children who migrate to foreign countries are famous for being exceptionally good at picking up the new language, especially when compared to their parents and grandparents. Quantity of exposure has a huge role to play here. Children attend school, make new friends, play games, watch TV, listen to music, read books and comics etc. - and almost all of it is done in the foreign language.

        In a study of 10 Chinese children (Jia & Aaronson, 2003) who migrated to the USA in the mid-90s with their families, researchers found that the younger they were, the more likely they were to have English speaking friends and they preferred to use English more than their native language. In contrast, the older children (9-16 years age) preferred to have friends from similar ethnic backgrounds with whom they used their native tongue for communication.

        Drei europäische Touristen gehen durch einen heruntergekommenen Vorort in einem fremden Land
        Foto: Lisa Fotios/pexels.com
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          Erwachsene haben bereits eine Sprachkomfortzone

          In der gleichen Studie weisen die Forscher Jia und Aaronson darauf hin, dass Menschen dazu neigen, sich mehr mit Umgebungen in ihrer Komfortzone zu beschäftigen. Ältere Kinder und Erwachsene haben in der Regel bereits eine Komfortzone entwickelt, die sich auf ihren ethnisch-sprachlichen Hintergrund konzentriert.

          Das letztgenannte Phänomen ist besonders bei Menschen zu beobachten, die beschließen, sich in einem fremden Land zur Ruhe zu setzen. Sie entscheiden sich oft dafür, in Enklaven mit Landsleuten zu leben, in denen sie kaum Kontakt zur Landessprache haben. Bekannte Beispiele sind die britischen Auswanderergemeinschaften in Spanien und Portugal, wo oft sogar die örtlichen Geschäfte und Einrichtungen von Briten betrieben werden.

          Adults Already Have a Language Comfort Zone

          In the same study, researchers Jia and Aaronson suggest that people tend to engage more with environments in their comfort zone. Older children and adults have usually already developed a comfort zone that is centred around their ethno-linguistic backgrounds.

          This latter phenomenon is particularly visible amongst people who decide to retire to a foreign country. They often decide to live in enclaves with fellow countrymen where they have almost zero exposure to the local language. Well known examples include the British expatriate communities in Spain and Portugal where, often, even the local shops and amenities are run by fellow Britons.

          Vier Büroangestellte in einer Besprechung
          Foto: pixabay.com
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            Aber haben Erwachsene eine bessere Qualität der Sprachvermittlung?

            Wenn man die Qualität der verwendeten Sprache betrachtet, erfordert die Fähigkeit, mit einem Bankangestellten über eine Hypothek zu sprechen, sicherlich ein höheres Niveau an Sprachkenntnissen als das Fangenspielen auf einem Spielplatz. Ja, das tut es. Und im Allgemeinen ist die Qualität des Umgangs mit der Sprache bei Erwachsenen besser, selbst wenn es sich um eine seltene und gelegentliche Interaktion im Monat handelt.

            Zusammenfassung und Ergebnisse

            Ältere und jüngere Lernende unterscheiden sich in ihrer Bereitschaft, sich einer fremdsprachlichen Umgebung auszusetzen, was sich wiederum auf ihren Spracherwerb auswirkt. Jüngere Kinder sind eher bereit, in fremde Kulturen einzutauchen und Fremdsprachen zu verwenden. Erwachsene hingegen haben möglicherweise einen leichten Vorteil bei der Qualität der Exposition, da sie im Vergleich zu Kindern ein höheres Sprachniveau verwenden müssen.

            Im nächsten Abschnitt werden wir uns mit der zweiten Phase des Spracherwerbs befassen - der unbewussten Registrierung, d. h. der Art und Weise, wie wir Informationen aus unserer Umgebung aufnehmen, ohne es zu wissen. Ohrwürmer, zum Beispiel!

            Diagramm mit den relativen Punktzahlen von Erwachsenen und Kindern in Lernphase 1

            But Do Adults Have a Better Quality of Language Exposure?

            When considering the quality of language used, surely the ability to interact with a bank employee about a mortgage requires a higher calibre of language skill than playing tag on a playground. Yes, it does. And, generally speaking, the quality of exposure in adults is better, even if it involves the rare and occasional interaction every month.

            Summary and Scores

            Older and younger learners differ in their willingness to expose themselves to foreign language environments, which in turn affects their language acquisition. Younger children are more likely to immerse themselves in foreign cultures and use non-native languages. Adults, however, may have a slight advantage in the quality of exposure due to the level of language they have to use when compared to children.

            In the next section, we will look at the second phase of language acquisition – subconscious registration i.e., the way we pick up information from our environments without even knowing it. Earworms, anyone?

            Diagramm mit den relativen Punktzahlen von Erwachsenen und Kindern in Lernphase 1

            Referenzen

            De Wilde, Vanessa; Eyckmans, J (2017) “Game on! Young learners’ incidental language learning of English prior to instruction” Studies in Second Language Learning and Teaching Vol. 7
            https://pressto.amu.edu.pl/index.php/ssllt/article/view/11709/11563

            Dewaele, Jean-Marc; Petrides, K.; Furnham, Adrian (2008) “Effects of Trait Emotional Intelligence and Sociobiographical Variables on Communicative Anxiety and Foreign Language Anxiety Among Adult Multilinguals: A Review and Empirical Investigation” Language Learning Vol 58
            http://www.psychometriclab.com/adminsdata/files/Language%20learning%20(2008)%20-%20TEI.pdf

            Jia, G., & Aaronson, D. (2003) "A longitudinal study of Chinese children and adolescents learning English in the United States." Applied Psycholinguistics, 24(1), 131-161
            https://annamend.com/2021/09/29/why-are-younger-immigrant-children-so-much-better-at-learning-the-new-countrys-language/